2013/05/19

Kino: The Great Gatsby...


Überraschend ist nun nicht, dass es sich bei Baz Luhrmann's Neuverfilmung von F. Scott Fitzgerald's 'The Great Gatsby' um ein bildgewaltiges Werk handelt. Der Film ist groß angelegt und soll das Highlight des Kinojahres 2013 sein. Teils ist es gelungen und in manchen Passagen geht es dem Film wie den drei vorangegangenen Verfilmungen, der Schein überragt das Sein. 
Am Donnerstag war der offizielle Kinostart, nachdem der Film letzte Woche seine Europapremiere in Cannes bei den Filmfestspielen feierte. Es war somit unumgänglich schnellstmöglich ein Kino auszumachen in dem dieser läuft. Nach einem Nachmittag im Museum und Kaffee und Kuchen besuchten wir die Spätnachmittagsvorstellung und liessen uns ein auf ein Erlebnis in 3D. Bislang habe ich nur Actionfilme in dieser Technik gesehen und konnte mir auch nicht wirklich vorstellen, dass es bei dem Film funktionieren würde. 
Mit der 3D-Brille auf der Nase ging sie also los die Story vom Aufsteiger Jay Gatsby (Leonardo Dicaprio), dessen einziges Ziel es ist seine alte Liebe Daisy (Carey Mulligan) zu beeindrucken und zurückzugewinnen. Nick Carrayway, der diesmal von Tobey Maquire gespielt wird, erzählt die Geschichte seiner Freundschaft zu Gatsby diesmal nicht einfach so heraus, sondern seinem Psychiater, der ihm rät sie aufzuschreiben. Im Laufe der Geschichte beginnen die Buchstaben umherzuschwirren und Carraway wird immer mehr zum Alter Ego von Fitzgerald und zum Autor der Geschichte. Er ist Beobachter und Zaungast, der dem bunten Treiben beiwohnt und trotzdem nicht teilnimmt. 


Das unschuldig jungenhafte Gesicht Maquire's passt gut zu dieser Rolle, man nimmt ihm die Unfähigkeit ab aktiv die Geschichte beeinflussen zu können. Seine Passivität steht wiederum Gatsby gegenüber, der immer bestrebt ist seinen Erfolg sichtbar zu machen und getrieben von seiner Idee von Liebe Luftschlösser Wirklichkeit werden lässt. Zu diesen Illusionen gehören die Party's zu denen niemand eine Einladung erhält und wegen denen sich ganz New York auf den Weg nach Long Island macht, und die Feuerwerke, die man von der anderen Seite des Wassers eigentlich sehen müsste. Doch Daisy in ihrem Palast aus rotem Backstein und in eine Welt alten Geldes hineinverheiratet sieht nichts und weiß auch nichts davon, dass der ganze Budenzauber nur ihretwegen stattfindet. 
Luhrmann's Phantasie wurde beflügelt und von der Bildwerdung dieser Dekadenz wäre wohl sogar Fitzgerald selbst beeindruckt. Die Pailletten flirren mit dem Schmuck der Damen um die Wette und die Champagnerperlen kann der Kinobesucher sogar auf der Zunge kribbeln spüren. (Dank Productplacement ist auch klar welche Marke am besten zum Gatsby-Feeling passt.) 
Jede Gatsby-Verfilmung ist schicker und schwungvoller als die vorangegangene und nach diesem wird es wohl kein Filmemacher mehr wagen sich des Stoffes anzunehmen. Zumindest so lange nicht bis es eine neuen Technik gibt, die den Zuschauer noch mehr ins Geschehen hineinzieht. 


Doch auch wenn sich schon vieles am Computer animieren lässt, richtige Sets und gute Kostüme werden auch weiterhin unumgänglich sein um einen Film zum Leben zu erwecken. Catherine Martin, zuständig für die komplette Ausstattung und die Kostüme, hat wieder alles gegeben und ist auf einen guten Weg erneut bei den Oscar's zu glänzen. Statt an den Originalschauplätzen, der 'Gold Küste' von Long Island mit ihren Anwesen und Residenzen aus dem späten 19. und dem frühen 20. Jahrhundert zu drehen, wurden alle Sets in der Heimat von Luhrmann und Martin nachgebaut, in Australien.
Atemberaubend müssen die Kulissen gewesen sein, 14 Wochen haben die Handwerker an den 42 verschiedenen Sets gebaut. Die Autowerkstatt der Wilson's wurde genauso detailreich umgesetzt, wie Nick Carraway's Cottage im Stil der Arts&Craft-Bewegung und natürlich das an Disney's Cinderella-Castle erinnerte Haus von Gatsby in seiner Neorenaissance-Ästhetik und den Art-Deco-Details. 
Herausragend ist das Schlafzimmer mit der umlaufenden Galerie, deren einziger Sinn zu sein scheint die Überzahl an Hemden zu beherbergen und diese dann von dieser herab umherfliegen zu lassen. Ein Ozeandampfer kommt einem in den Sinn, die legendäre 'Normandie' mit ihrem Interior von Roger-Henri Expert zum Beispiel. 
Und dann sind da natürlich noch die unzähligen Kostüme, die das ganze erst rund machen. Ein Revival der 20.-er Jahre bei Kostümpartys wird dieser Film nachsichziehen, doch an die Kleider im Film wird wenig heranreichen können. In den Medien kaum zu übersehen war die Mitarbeit von Miuccia Prada, die sowohl Prada als auch Miu Miu unterzubringen wußte. Catherine Martin benutzte bei Probeaufnahmen Kleider dieser beiden Labels und als Miuccia Prada davon erfahren hat, war sie mehr als begeistert und gleich mit im Boot. Solche dienen beiden Seiten, lassen sich auch im Nachhinein gut vermarkten. Aktuell kann man in den Stores in New York und Tokyo die Kostüme und die vorangegangenen Entwürfe sehen. 


Der Film ist sehenswert, keine Frage, doch nicht uneingeschränkt gut. Hier ein paar Punkte dafür, und ein paar dagegen:
Pro: Der 3D-Effekt macht die Massenszenen unheimlich lebendig und zieht einen hinein ins Geschehen. Luhrmann erschafft eine Welt die geradezu flirrend ist und zusammen mit Catherine Martin's Sets ein Bild einer Epoche zeichnet, in die man sich augenblicklich hineinwünscht. Die Kostüme sind wunderschön und durch die Zusammenarbeit mit Prada sind es eben nicht nur Kostüme, sondern sie sind auch modisch relevant. Jordan Baker aka Elizabeth Debicki ist neben Nick Carraway wieder meine Lieblingsfigur im Film, das war auch schon in der Verfilmung mit Robert Redfort so. Die Musik ist wirklich toll, Jay-Z hat einen guten Soundtrack zusammengemischt. 
Contra: Oft nervt das 3D, weil es die Ebenen flach erscheinen lässt und wie Pappkulissen hintereinander aufreiht. Carey Mulligan tritt die Nachfolge von Mia Farrow an, sie ist immerhin nicht ganz so belanglos und blass. Das vermeintliche Märchenschloss kann es nicht mit dem eleganten Anwesen aufnehmen, welches 1974 Schauplatz der Party's war. Auch Baz Luhrmann ist es nicht gelungen die Romanvorlage so zu adaptieren, dass die Geschichte selbst spannend erzählt wird. Er versucht diesen Mangel durch Bilder wettzumachen, was am Ende nur teilweise funktioniert. Er schafft es nicht den Zauber bei mir zu entfachen, wie es die Verfilmung von 1974 von Jack Clayton tut. 

Nachtrag: Das was das Publikum erwartet ist nicht immer gleichzusetzen mit dem was der Realität entspricht. Die Kostüme bei 'The Great Gatsby' zeigen eher die 20-er Jahre, die sich die Menschen in 2013 erträumen und haben wenig mit der wahren Mode im Jahre 1924 zu tun. Cathy Horyn hat sich für mal des Themas angenommen und zeigt die Unterschiede auf zwischen den echten Flapper-Girls und den Frauen im Film.


Bildquelle: Filmplakat, Hollywoodreporter (Bild 2), AD (Bild 3) und Prada (Bild 4)